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WISSENSCHAFTLICHE FAKTEN

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob eine frühzeitigere Lese oder doch eine spätere technische Alkoholreduzierung im Weinstadium die geeignetere Lösung ist, um hohen Alkoholgehalten entgegenzuwirken. Das Augenmerk liegt hierbei auf den sensorischen Eigenschaften des Weines.

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WEINAUSBAU/OENOLOGIE

VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

Die Riesling Trauben für den Versuch entstammen der Lage Geisenheimer Fuchsberg (F2). Die Lese fand gestaffelt zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Die erste Partie (frühe Lese) wurde am 11. September 2020 gelesen und 25 Tage später wurde am 06. Oktober 2020 die zweite Partie (späte Lese) gelesen. Zu beiden Terminen war das Lesegut gesund.

Die Trauben wurden mit einer halboffenen Tankpresse direkt gepresst. Die Moste wurden mit 45 mg/L SO2 geschwefelt, auf 10°C gekühlt und für 16 Stunden sedimentiert. Es wurden 722 L Most der Variante „frühe Lese“ und 1.352 L Most der Variante „späte Lese“ vergoren. Die Gärung erfolgte mit einer 20 g/hl Reinzuchthefe (Oenoferm Riesling, Erbslöh), temperaturreguliert bei einer mittleren Gärtemperatur von 18°C in Edelstahltanks. Die Gärdauer betrug 31 Tage für die „frühe Lese“ und 23 Tage für die „späte Lese“.

 

Die Jungweine beider Lesetermine wurden am 10. Dezember 2020 abgestochen und erhielten am 17. Dezember 2020 eine Schwefeldioxid Gabe von 80 mg/L.

 

Die Variante „frühe Lese“ wurde am 11. März 2021 von 10,9 g/L auf 8,5 g/L Gesamtsäure entsäuert (Neoanticid, Erbslöh). Am 18. März 2021 erfolgte eine Feinfiltration der Weine und eine Woche später wurden 1.000 Liter Wein der Variante „späte Lese“ mittels Vakuumrektifikation (Erhitzungstemperatur 35°C für ca. 2 Minuten) auf 0,35 % vol. entalkoholisiert.

 

Der entalkoholisierte Wein „späte Lese 0,35 % vol.“ wurde am selben Tag mit einem Teil der Variante „späte Lese 12,9 % vol.“ rückverschnitten und auf denselben Alkoholgehalt wie die Variante „frühe Lese“ (11,0 % vol.) eingestellt.

 

Die beiden Varianten wurden, nach Einstellung auf denselben Restzuckergehalt, am 29. März 2021 steril filtriert und abgefüllt.

Oenologie
Diskussion
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ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Die Mostanalyse zeigt, dass die Verzögerung des Lesezeitpunktes um 25 Tage eine Mostgewichtserhöhung um 32 g/L Zucker zur Folge hatte. Dies entspricht einer Erhöhung des potentiellen Alkoholgehaltes gegenüber der frühen Lese um 1,9 % vol.

Der Gesamtsäuregehalt fiel in diesem Zeitraum um 3,8 g/L, was mit einem pH-Wert Anstieg um 0,2 Einheiten einherging. Der Weinsäure zu Äpfelsäure-Anteil lag bei beiden Varianten bei ca. 65:35.

Der hefeverfügbare Stickstoffgehalt war insgesamt niedrig, bedingt durch die Trockenheit im Jahrgang 2020. Die Moste enthielten weder Gluconsäure noch flüchtige Säure, was charakteristisch für gesundes Lesegut ist.

FTIR MOSTANALYSE DER BEIDEN VARIANTEN „FRÜHE LESE“ (11. SEPTEMBER 2020) UND „SPÄTE LESE“ (06. OKTOBER 2020)

GÄRDAUER

Die Gärdauer beider Varianten war insgesamt lang, dennoch vergoren beide Weine trocken, wobei die späte Lese nach Beendigung der alkoholischen Gärung noch einen Restzuckergehalt von 5,5 g/L aufwies.

Der vorhandene Alkoholgehalt der Variante „späte Lese“ liegt 1,5 % vol. höher im Vergleich zur frühen Lese.

Der hohe Gesamtsäuregehalt und der niedrige pH-Wert verliehen der Variante „frühe Lese“ einen intensiv sauren Geschmack. Ohne eine Säurereduzierung, in Form einer chemischen Entsäuerung, wäre der Wein für einen trocken ausgebauten Riesling Stillwein nicht genießbar gewesen. Die Strategie den Lesezeitpunkt zu verfrühen, um dadurch hohen Mostgewichten vorzubeugen, ist oftmals nicht zielführend da hohe Gesamtsäurewerte, eine unangenehm sauren und teils adstringierenden Geschmack verleihen. Bei Rotweinen verstärkt die Säure darüber hinaus den adstringierenden Geschmack der Tannine.

FTIR WEINANALYSE (02. FEBRUAR 2020) VOR WEINBEHANDLUNG

WEINANALYSE

Die Weinanalyse der abgefüllten Weine zeigt nahezu identische Werte für die dargestellten Parameter. Furfural und Hydroxymethylfurfural sind Stoffe, die sich unter thermischer Belastung bei Erhitzungsprozessen bilden und dem Wein ein „Koch- bzw. Röstaroma“ verleihen können. Die technische Alkoholreduzierung hatte keinen Anstieg dieser beiden Indikatorstoffe zur Folge und spricht für eine geringe thermische Belastung des Prozesses.

 

Farblich waren auch keine merklichen Unterschiede erkennbar.

WEINANALYSE DER ABGEFÜLLTEN WEINE (01. JUNI 2021)

VERKOSTUNG UND ERGEBNISSE

Die Weine wurden in Rahmen einer Blindverkostung von Verkostenden (n=26) bewertet. Die Verkostenden waren Studierende im 6. Semester des Studiengangs Weinbau und Oenologie.

 

Ein 3-AFC-Test zeigte, dass die Verkostenden sicher die „Späte Lese“ von der „Frühen Lese“ unterscheiden konnten, wobei 16/3 Verkostende die Variante „Späte Lese“ präferierten. In einer zweiten Prüfung wurde die Varianten „Späte Lese“ und „Späte Lese alkoholreduziert“ verkostet.

 

Die Prüfenden waren nicht in der Lage diese beiden Weine voneinander zu unterscheiden. In einer dritten Prüfung wurde dann die „Frühe Lese“ und die „Späte Lese alkoholreduziert“ verkostet. Die Prüfenden konnten die beiden Proben sicher voneinander unterscheiden, wobei keine Präferenz (8/7) hinsichtlich einer Probe zu erkennen war.

ERGEBNISSE DREIECKSTESTS (ETTINGSHAUSEN 2021)

a*, **, ***, und ns zeigen die Signifikanz bei p < 5%, p < 1%, p < 0,1% und nicht signifikant.

Fazit
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FAZIT

In der vorliegenden Studie konnten die Verkostenden den Wein, welcher mittels Vakuumrektifikation um 1,8 % vol. bzw. um 3,9 % vol. (Ergebnisse nicht aufgeführt) reduziert wurde, sensorisch nicht von dem nicht-alkoholreduziertem Wein in einer Diskriminierungsprüfung (3-AFC Test) unterscheiden.

 

Der frühe Lesetermin brachte einen Wein hervor, der trotz kellerwirtschaftlicher Eingriffe, wie die Entsäuerung, signifikant schlechter bewertet wurde als der Wein, der aus den Trauben produziert wurde, die 25 Tage später gelesen wurden (vgl. Tabelle 3).

 

Eine frühere Lese ist somit keine adäquate Strategie, um steigenden Alkoholgehalten im Wein entgegenzuwirken, da die negativen Effekte wie hohe Säurewerte und „unreife Aromatik“ offensichtlich überwiegen.

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